#15 - Wie finde ich einen guten Finanzberater?
Im Dschungel aus Greenwashing beim Investieren in nachhaltige Geldanlagen, ob nachhaltige ETFs oder Fonds oder ganz anderes, muss man sich erstmal zurecht finden. Und überhaupt bei den Fragen "Wie fange ich mit Investieren an?" und "Wie viel sollte ich investieren?" wünschen sich viele professionellen Rat - zurecht.
Im Oktober wurde Finance 4Future um den Anteil der Finanzberatung "bereinigt" und wird zur reinen Aufklärungs- und Bildungsplattform. Mit dem live Online-Kurs gemeinsam mit Jennifer Brockerhoff sind wir den ersten Schritt gegangen, dem 2023 auch ein Buch folgen wird. Wenn du dazu keine Neuigkeiten verpassen willst, trag du dich einfach hier in unseren Newsletter ein.
Was erwartest du denn von deinem Finanzberater?
Soll er dir eine neutrale Empfehlung aussprechen können?
Dann brauchst du jemanden, der in seiner Arbeit auch unabhängig von einzelnen Produktanbietern ist - also kommt schon mal nicht der Angestellte deiner Hausbank infrage. Auch der "Versicherungsonkel um die Ecke" in seinem Allianz- oder Ergo-Büro ist keine Option, denn der kann dir nur die Produkte seiner Firma anbieten. Tritt jemand unter dem Namen einer Versicherung auf, handelt es sich um einen Versicherungsvertreter. Und der vertritt rechtlich auch die Versicherung, nicht dich als Kunden.
Aber nicht jeder sonstige Finanzmensch ist automatisch unabhängig! In der Versicherungswelt gibt es neben einfachen Vertretern auch noch sogenannte Mehrfachagenten. Diese können nicht nur eine Versicherung vermitteln, sondern haben mehrere Anbieter im Angebot. Rechtlich ändert sich jedoch nichts daran, dass der Mehrfachagent rechtlich nicht auf deiner Seite steht.
Unabhängige Beratung findest du erst bei einem Versicherungsmakler. Dieser verkauft dir kein Produkt, er kauft quasi mit dir ein Produkt. Und dabei ist er zu 100 % dir verpflichtet. Das heißt, dass er sogar persönlich für seine Empfehlungen haftet, was auch nachträgliche Rückzahlung seiner Provision beinhaltet.
Im Geldanlage-Bereich ist die Lage einfacher. Solange der Berater nicht direkt bei einer Bank arbeitet, kann er dir grundsätzlich alle verfügbaren Fonds anbieten. Das Problem hier ist i.d.R. schlicht Faulheit oder mangelnde Kompetenz, weswegen dann doch oft wahllos ein paar Fonds zusammengewürfelt werden. Die meisten Finanzberater sind leider geschult im Vertrieb, nicht in moderner Portfoliotheorie ;)
Hier besteht in der Regel ein Interessenskonflikt darin, dass aktive Fonds Provisionen an den Vermittler zahlen - bei Aktienfonds sind das oft ganze 0,5 % p.a. versteckt in den Fondskosten!. ETFs tun das nicht - nichtsdestotrotz würde ich aus Nachhaltigkeits-Sicht klar auch zur Betrachtung von aktiven Fonds raten. Ein guter Berater kann dir nämlich diese Provisionen auch zurückerstatten und so aktive Fonds und ETFs gleichermaßen empfehlen - je nachdem, was am besten zu deinen Wünschen passt - und eine davon unabhängige Servicegebühr veranschlagen.
Soll dein Berater keine Provisionen von Produktanbietern bekommen? Du willst ihn lieber direkt selbst bezahlen?
Genau wie bei der Geldanlage, kannst du auch bei Versicherungen selbst deinen Berater bezahlen und einen provisionsfreien Tarif bekommen. Allerdings musst du hier i.d.R. eine große Summe auf einmal als Honorar zahlen, was schnell bis in einen höheren vierstelligen Betrag geht. Ob du das kannst und möchtest, musst du selbst entscheiden. Die Wahl sollte dir ein guter Berater aber immer überlassen, denn oft kommen dich Honorare am Ende des Tages günstiger als Provisionen.
Soll dich dein Berater ergebnisoffen beraten ohne "Verkaufsdruck"?
Selbst der Makler, der dir provisionsfreie Produkte auf Honorar anbietet, verdient Geld durch Vermittlung von Produkten. Willst du nicht, dass dein Berater einen Interessenskonflikt hat zwischen seinem eigenem Verdienst und der Möglichkeit, dass du vielleicht einfach kein neues Produkt brauchst? Dann bleibt dir nur Honorarberatung. Im Unterschied zur Honorarvermittlung vereinbarst du gleich zu Beginn mit deinem Berater seine Vergütung. Das kann wie beim Notar ein Stundenlohn sein oder auch ein Pauschalpreis.
Zurzeit gibt es aber nur etwa 250 reine Honorarberater in ganz Deutschland - und das hat einen Grund: Willst du eine Rechnung über 3.000 € unterschreiben bevor du überhaupt ein Gefühl dafür bekommen hast, was dich in der Beratung erwartet?
Viele der reinen Honorarberater stellen sich oft als die einzig wahren unabhängigen Ansprechpartner hin. Aber ehrlich gesagt, haben auch sie einen Interessenskonflikt, sich bei einem Stundenlohn vielleicht ein paar Stunden mehr Zeit zu nehmen oder dir eine Beratung für Pauschalpreis zu verkaufen, die vielleicht gar nicht relevant für dich ist.
Dazu kommt, dass du am Ende bei vielen Honorarberatern sogar oft mehr zahlst, als bei Vermittlern, vor allem, wenn du die laufende Betreuung über die Jahre mitbetrachtest. Nichtsdestotrotz ist Honorarberatung eine super Option, vor allem da Honorarberater i.d.R. auf hohem fachlichen Niveau beraten. Allerdings steht es auch jedem Makler frei, Honorarberatung bzw. reine Wissensvermittlung in Form eines Finanzcoachings anzubieten.
Wie finde ich heraus, ob ein Finanzberater gut ist?
Ein geläufiges "Siegel" o.ä. gibt es nicht. Die Berufserlaubnis der Industrie- und Handelskammern ist mit ihrem Multiple Choice-Test und Bestehensgrenze bei 50 % richtigen Antworten leider ein Witz - ich habe für meine Erlaubnis zur Versicherungsvermittlung 7 Tage, zur Geldanlageberatung 3 Tage lernen müssen...).
Zwei Indizien möchte ich dir aber an die Hand geben - zwar geht es hier um Nachhaltigkeit bei der Beratung zu Geldanlage, meine Erfahrung ist aber, dass die meisten Teilnehmer dort insg. eine gute Arbeit machen:
1. Dein Berater ist Mitglied bei Ökofinanz-21 - meiner Meinung nach das einzige ernstzunehmene Forum für fachlichen Austausch für nachhaltige Anlageberater.
2. Dein Berater hat die Weiterbildung zum ECOanlageberater absolviert (wobei hier viele wieder keine unabhängigen Makler sind).
Besser als jedes Indiz ist aber einfach ein Test! Bitte den Berater einfach mal um ein unverbindliches Erstgespräch und lies dich vorher einen Abend in ein bestimmtes Thema ein. Dazu eignet sich z.B. die Debatte um aktive Fonds vs. ETFs oder auch die Frage "Was bewirken nachhaltige Geldanlagen eigentlich?". Oder höre dir einfach zwei Folgen in unserem Podcast an und nimm dir daraus Fragen mit - z.B. Folge 7 zur Wirkung von nachhaltigen Geldanlagen mit Prof. Christian Klein.
Sei ganz offen und teile dem Berater mit, dass du ihn gerne kurz "testen" möchtest. Allerdings musst du Verständnis dafür haben, dass du hier keine Stunde kostenfreie Q&A erwarten kannst. Jeder Berater, der Spaß am Thema hat (und das muss man, wenn man gut darin sein möchte) hat Lust auf einen kurzen fachlichen Austausch.
Bei solch schweren Fragen ist es auch gar nicht relevant, ob du die Antworten, die du bekommst, direkt verstehst und einordnen kannst. Hier geht es darum, dass du ein Gefühl dafür entwickelst, ob der Berater den Fragen mit Vertriebsfloskeln ausweicht und ob er empathisch mit dir umgeht und wirklich versucht, dir alles verständlich zu machen. Das geht übrigens auch bei deinem bereits vorhandenen Berater, falls du schon einen hast!
Wenn sich der Autor abschließend den Hinweis erlauben darf: Ich habe 2022 selbst eine Beratungsfirma mitgegründet: die WertWende GmbH. Dazu habe ich mich mit Mike Schramm zusammengetan, der zuvor den Instagram-Kanal und Podcast Future Values aufgebaut hat, und wir übernehmen gemeinsam schrittweise die Nachfolge der Firma von unserem Senior Jörg Wenzel. Jahrzehnte der Beratungserfahrung treffen hier auf die Ruhe eines buddhistischen Mikes und meine wissenschaftliche Herangehensweise, was Portfoliogestaltung und Wirkung von nachhaltigen Geldanlagen angeht. Natürlich werden auch wir gerne Ansprechpartner deines Vertrauens. Wenn du über die WertWende wissen willst, kannst du dir einfach einen kostenlosen Kennenlerntermin buchen.
Ich hoffe, der Beitrag war hilfreich für dich!
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Dein Niklas